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Frieda Fromm-Reichmann: Intensive Psychotherapie. Grundzüge und Technik.

Buch Intensive Psychotherapie

Frieda Fromm-Reichmann emigrierte, wie viele andere Analytikerinnen und Analytiker in der Hitler-Zeit in die Vereinigten Staaten von Amerika. Sie arbeitete fast 15 Jahre am Chestnut-Lodge-Sanatorium und lehrte an der Washington School of Psychiatry, am psychoanalytischen Institut in Washington-Baltimore, sowie am William Alanson White-Institute für Psychiatrie in New York. Sie stützt sich hauptsächlich auf die Psychoanalyse Sigmund Freuds, sowie auf die interpersonelle Theorie Harry Stack Sullivans, einem der sogenannten Neoanalytiker. Dabei hat sie nicht nur einen Zugang zu neurotischen, sondern auch zu psychotischen Patienten gesucht und oft gefunden. Das vielleicht aufschlussreichste Denkmal hat ihr eine Patientin in Romanform gesetzt ("Ich hab' dir nie einen Rosengarten versprochen")

Der vorliegende Text ist nun nicht allein unter historischem Aspekt interessant. Wie in manchen dieser älteren Texte der Pioniere scheint auf jeder Seite das tiefe Engagement durch, wobei Frieda Fromm-Reichmann irreführend von Technik spricht - was ein Zusatz der deutschen Ausgabe sein mag, im Original ist einfach von den Prinzipien der Intensiven Psychotherapie die Rede -, vorrangig jedoch die Person, besonders die Persönlichkeit der Psychotherapeuten im Visier hat und deren integere Bemühung um den konfliktbeladenen Menschen. 

Eigentlich steht also die Beziehung im Mittelpunkt. Dazu müssen Methoden gefunden werden, die nicht stur aus dem Lehrbuch kommen und dem hilfesuchenden Menschen übergestülpt werden dürfen. Eine Kluft zwischen Patient und Therapeut gibt es nicht. Dies mag für die damalige autoritätsgläubige Zeit revolutionär gewesen, trotzdem für uns Heutige immer noch gültig - oder vielleicht schon gerade wieder - sein. 

"Diese Achtung kann nur aufrichtig sein, wenn sich der Psychotherapeut darüber klar ist, dass die Lebenskonflikte des Patienten sich von seinen eigenen nicht allzu sehr unterschieden." (14)

Daher diskutiert Fromm-Reichmann ausführlich die persönlichen und beruflichen Voraussetzungen der Therapeuten. Neben der Beachtung von Übertragung und Gegenübertragung gibt es konkrete Therapeuten-Patienten-Beziehungen, in denen sich die Beziehungsdynamik des Patienten entfaltet, aber eben auch die des Therapeuten als konkretem Geschehen, was Irrtümer, Mangel an Verstehen, ja auch menschliche Unzulänglichkeiten des Therapeuten einschließt. Selbst wenn eine Gegenübertragung des Therapeuten (hier verstanden als eigene Übertragungskalamität aus der persönlichen Geschichte des Therapeuten) aufgeklärt werden kann, enthebt es ihn nicht der Notwendigkeit, "seinen 'Kunstfehler' als einen solchen einzugestehen." (20)

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die anspruchsvolle therapeutische Aufgabe ist die Fähigkeit zum aktiven Zuhören. Man kann es auch voraussetzungslose Offenheit oder Präsenz nennen, womit die innere Freiheit des Therapeuten von eigener Bedürfnisbefriedigung durch den Patienten gemeint ist. D.h. vor allem, dass der Therapeut ein außerberuflich befriedigendes und erfülltes Leben lebt, woraus er eigene Sicherheit und persönliche Unabhängigkeit bezieht. Bei allem, was man so hört, anscheinend noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Im Zentrum steht für die Autorin die menschliche Begegnung - man würde heute schon von Körpertherapie sprechen -, womit sie sich schon damals von falsch verstandener psychoanalytischer Orthodoxie entfernt. Das authentische Gegenüber ist gefragt, wo alles Scheinen fehl am Platze ist. Man kann sich hinter Posen und Techniken verbergen und dies ist allemal schädlich für eine wahrhaftige Beziehung, die einer therapeutische sein sollte.

Damit werden viele Aspekte einer ethischen Haltung berührt, die für unsere heutige Zeit nichts an Aktualität eingebüßt haben, weshalb das Buch immer noch lesenswert ist, auch wenn nur antiquarisch verfügbar.

Bernd Kuck    
Dezember 2003
Rezension-Quelle: http://www.ppfi.de/buchbesp/fromm-reichmann1959.htm

Stuttgart 1959, 230 Seiten, Hippokrates Verlag

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Vor 50 Jahren starb die Psychoanalytikerin Frieda Fromm-Reichmann.

Frieda Fromm-Reichmann: Tiefenpsychologische Behandlung der Schizophrenie

Aerzteblatt.de - PP 6, Ausgabe April 2007, Seite 166

Frieda Fromm Reichmann

Sigmund Freud wagte noch nicht, psychotisch Erkrankte analytisch zu behandeln. Er zählte die Schizophrenie zu den „narzisstischen“ Erkrankungen, bei denen der Patient nicht übertragungsfähig sei. Doch bereits Carl Gustav Jung versuchte, Ausdrucksformen und Ideen des Wahns aus der Lebensgeschichte der Betroffenen abzuleiten, und lieferte eine psychologische Interpretation der Schizophrenie.

Eine neue Sichtweise auf psychotisch erkrankte Menschen entwickelte die zweite und dritte Generation der Psychoanalytiker. Zu ihnen gehört Fromm-Reichmann. Ihre Hauptleistungen liegen in der tiefenpsychologischen Behandlung der Schizophrenie und den theoretischen Konzepten.

Am 23. Oktober 1889 wird Frieda Reichmann im ostpreußischen Königsberg geboren. 1914 schließt sie dort ihr Medizinstudium ab. Anfang der 20er-Jahre lernt Reichmann die Psychoanalyse kennen und macht sie zum geistigen Mittelpunkt ihres Lebens. Die enge Zusammenarbeit mit dem elf Jahre jüngeren Erich Fromm mündet 1926 in eine Ehe. Die beiden gründen den Südwestdeutschen Studienkreis für Psychoanalyse, künftig das Zentrum für analytische Theorie und Praxis im süddeutschen Raum.

Zwar wird die Ehe nach fünf Jahren wieder gelöst, doch Zusammenarbeit und Gedankenaustausch bestehen weiter. Auch Fromm wird später Mitglied der Washington School of Psychiatry und veröffentlicht in Harry Stack Sullivans Zeitschrift „Psychiatry“.

Nachdem die Nationalsozialisten die Macht ergriffen haben, geht die Jüdin Fromm-Reichmann zunächst ins Elsaß, dann nach Palästina; 1935 emigriert sie in die USA, wo sie eine zweite Heimat findet.

Seit den 20er-Jahren setzt sich hier zunehmend die Vorstellung des Schweizer Psychiaters Adolf Meyer von der Schizophrenie durch: Fernab jeder „Hirn- und Stoffwechselmythologie“ sieht Meyer im Schizophrenen einen Menschen, der entscheidende „Lebenstechniken“ nicht gelernt habe. Sein Zusammenbruch erfolge, wenn er Belastungen ausgesetzt sei, denen er sich nicht gewachsen fühle. Therapie muss laut Meyer demnach in einem Wiederaufbau der sozialen Anpassungs- und Leistungsfähigkeit bestehen.

In Chestnut Lodge, Maryland, trifft Fromm-Reichmann auf eine Gruppe von Analytikern, die bereit sind, ins Neuland der Psychosebehandlung vorzustoßen. Handlungsleitend ist dabei die Vorstellung, durch ein besseres Verständnis der Frühsozialisation Wahnkranke heilen zu können.

Pionier auf diesem Gebiet ist Harry Stack Sullivan, Neopsychoanalytiker der Chicagoer Sociological School. Ihm zufolge gehen sowohl Psychose als auch Neurose auf Lebenserfahrungen zurück; die Übergänge zwischen beiden Störungen sind fließend. In der Behandlung geht es darum, erlernte Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster durch „teilnehmende Beobachtung“ kennenzulernen. Treffende Deutungen und eine positive Beziehung zum Kranken könnten dessen negative Sozialbeziehungen langsam korrigieren.

Fromm-Reichmann lernt von Freud und Sullivan. Melanie Kleins Auffassung von der Psychosebehandlung ergänzt sie, indem sie Gefühl und Affekt bei der Deutung hervorhebt. Denn ihr zufolge wehren schizophrene Patienten vor allem in der Kindheit erlebte große Angst ab. Die von ihr sogenannte analytisch orientierte Psychotherapie von Psychosen stellt hohe Anforderungen an Patienten und Therapeuten. Neben analytischen Kenntnissen müssen die Therapeuten ein erhebliches Maß an Geduld mitbringen, dauert eine solche Behandlung in der Regel doch einige Jahre. Heilung heißt dabei nicht, den Patienten an die konventionelle Welt anzupassen.

Fromm-Reichmann formuliert das Therapieziel so: „Der Therapeut soll wissen, dass seine Rolle zu Ende ist, wenn diese Menschen imstande sind, selbst – ohne Verletzung ihrer Mitmenschen – ihre eigenen Quellen der Befriedigung und Sicherheit zu finden, unabhängig von der Zustimmung ihrer Nachbarn, ihrer Familie und der öffentlichen Meinung. (. . .)

Als „Director of Psychotherapy“ an der Klinik in Chestnut Lodge widmete Fromm-Reichmann sich in erster Linie der Schizophreniebehandlung; doch ihr zufolge sind psychogenetische Aspekte auch auf Patienten mit affektiven Pychosen anwendbar. Mit Geduld, Güte, Einfühlungsvermögen und schlichter Menschlichkeit brachte sie psychotisch Erkrankte, die sich längst von ihren Mitmenschen abgewendet hatten, dazu, sich ihr gegenüber zu öffnen.

Das Buch „Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen“ legt davon Zeugnis ab. Unter dem Pseudonym Hannah Green beschreibt die Autorin ihre Erlebnisse in Chestnut Lodge und setzt ihrer Therapeutin ein eindruckvolles Denkmal. Am 28. April 1957 ist Frieda Fromm-Reichmann in Chestnut Lodge gestorben.
Christof Goddemeier

Quelle: http://www.aerzteblatt.de/archiv/55195/Frieda-Fromm-Reichmann-Tiefenpsychologische-Behandlung-der-Schizophrenie

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